Am Mittwochabend hätte Mechthilde Wittmann im Plenum zur Änderung des Bevölkerungsstatistikgesetzes im Plenum gesprochen. Wunschgemäß gab sie die Rede aber zu Protokoll. Die entsprechende Debatte war für 23.10h angesetzt. Das Plenum endete um 00.05 Uhr. Nicht zu jedem Thema kann und muss das Parlament um diese Uhrzeit debattieren, insbesondere, wenn dazu vorher schon in den Ausschüssen ausführlich gesprochen wurde. Interfraktionell wurde deshalb – wie häufiger für eher “kleinere” Debattenpunkte zu sehr später Uhrzeit – vereinbart, dass hier statt einer Aussprache schriftliche Beiträge zu Protokoll gegeben werden können. Wittmanns Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
eine Lehre, die wir aus der Corona-Pandemie gezogen haben, ist, dass es einer besseren Datenübermittlung in unseren Behörden bedarf, um auf aktuelle Geschehnisse faktenbasiert und genau reagieren zu können. Die Daten müssen effektiver erhoben und schneller an die erforderlichen Stellen weitergeleitet werden. Der Gesetzgeber muss hierfür klar definieren, welche Daten wofür erhoben werden sollen und welche staatlichen Stellen dafür zuständig sind. Er darf das Korsett aber nicht zu eng schnüren, denn die letzten Jahre haben auch gezeigt, dass die Behörden flexibel auf neue – vorher unbekannte – Situationen reagieren können müssen.
Das hier vorliegende Artikelgesetz beschäftigt sich unter anderen mit diesem Thema. Durch die Änderung des Bevölkerungsstatistikgesetzes können das Statistische Bundesamt und andere Stellen schneller und umfangreicher über die aktuellen Sterbefallzahlen informiert werden. Das Gesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Gleichzeitig müssen wir uns aber die Frage stellen, wie wir die Zusammenarbeit auf weiteren Ebenen verbessern können. Pandemien und andere Gefahrenlagen für unsere Gesellschaft machen nicht vor den Landesgrenzen halt, daher ist eine verbesserte Zusammenarbeit auf europäischer und auf internationaler Ebene sinnvoll und notwendig.
Bei dieser ganzen Diskussion darf man jedoch nicht gleich dem Reflex verfallen, nur immer mehr Daten zu fordern. Oftmals sind nicht die Daten das Problem, sondern die fehlende Verknüpfung zwischen den Stellen. Es muss eine bessere Zusammenarbeit geben – ohne unnötige bürokratische Hürden.
Zu diesem Thema gehören aber unweigerlich auch die Digitalisierung und der Datenschutz. Denn die Digitalisierung ist der erste Schritt, um überhaupt eine beschleunigte Informationsübertragung zu ermöglichen. Dabei muss der Datenschutz stets ausreichend beachtet werden. Er darf aber nicht als pauschales Argument gegen die Digitalisierung genutzt werden: Andere europäische Länder machen es uns vor, wie Digitalisierung mit ausreichendem Datenschutz funktionieren kann.
Lassen Sie mich auch auf ein weiteres Thema des Gesetzentwurfs eingehen: Die Änderungen im Bundesbeamtengesetz. Nach § 54 Bundesbeamtengesetz kann der Bundespräsident die politischen Beamten jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen und nach diesem Entwurf sollen nun auch die zukünftigen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu diesem Kreis gehören. Das ist aufgrund der wachsenden Bedeutung der beiden Ämter grundsätzlich nachvollziehbar. Nur: Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass die Gesetzesänderung genau zu diesem Zeitpunkt eingebracht wurde. Soll die Änderung nach dem Willen der Innenministerin dazu führen, zukünftig einfachere Wege zu finden, um unliebsame Präsidenten von Bundesämtern zu versetzen? Bei der Causa Schönbohm bleibt uns Frau Faeser weiterhin einer Erklärung schuldig, was die konkreten Gründe der Versetzung des damaligen Präsidenten des BSI waren. Schönbohm war im letzten Jahr abberufen worden, ohne eine sachgerechte behördliche Untersuchung abzuwarten.
Daher ist für die Zukunft zu betonen: Die Spitzenbeamte müssen auch weiterhin ohne parteipolitischen Erwägungen ihrer Arbeit verantwortungsvoll nachgehen können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!