Der Bundestag hat heute über eine Novellierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes beraten. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten den „Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes“ an die Ausschüsse. Meine Rede in voller Länge.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Yüksel,
nachdem Sie so freundlich begonnen haben, darf ich Sie bitten – ich glaube, namens fast aller Kolleginnen und Kolleginnen des Hauses –, an die Betroffenen in Ihrer Heimat, wenn ich es so sagen darf, zu kommunizieren, wie sehr wir mit ihnen fühlen und wie sehr wir wünschen, dass in diesem wahnsinnigen Unglück noch möglichst viel Gutes geleistet werden kann.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Vielleicht ist die Debatte heute deswegen auch ein Stück weit zurückgenommen, weil wir alle mitfühlen.
Aber lassen Sie auch mich jetzt zum Thema zurückkehren. Sie, die Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, haben sehr häufig von einer Teilhabe an unserer Gesellschaft gesprochen. Die Teilhabe an unserer Gesellschaft macht sich nicht am Pass fest. Die Teilhabe macht sich am täglichen Miteinander fest, und sie macht sich daran fest, dass wir miteinander einen Umgang pflegen, wie ihn dieser Rechtsstaat in seiner rechtsstaatlichen Kultur geprägt hat, und dass es wechselseitigen Respekt gibt.
Dafür braucht es keine Anerkennungsleistung. Der Pass ist keine Anerkennung. Der Pass ist das Dokument, mit dem jemandem bescheinigt wird, dass er sich in unsere Rechtsstaatlichkeit eingefügt hat, dass er sich zu der Rechtegemeinschaft zugehörig fühlt, die wir durch unser Grundgesetz sind, und dass er dieses auch gut kennt.
(Beatrix von Storch [AfD]: Wertegemeinschaft!)
– Meine Rede halte ich immer noch selber, Frau von Storch.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Beatrix von Storch [AfD]: Ich wollte das nur ergänzen! Da fehlte was!)
Dazu gehören natürlich nicht nur gute Kenntnisse; dazu gehört auch die Verständigung. Und dazu gehört es nicht, sich im Schnellverfahren einfach mal in unseren Staat einbürgern zu lassen,
(Zuruf der Abg. Gülistan Yüksel [SPD])
sich aus einem anderen Staat nicht ausbürgern lassen zu wollen und dadurch in erster Linie die Rechte all dieser Staatlichkeiten in Anspruch zu nehmen.
Was mir in dieser Debatte auf der linken Seite vollkommen gefehlt hat, ist die Feststellung, dass es auch Pflichten gibt. Dieser Staat besteht aus einer Gemeinschaft, die von Rechten und Pflichten geprägt ist und in die man sich einfügen muss. Am Ende dieses Einfügungsprozesses mit der tiefen eigenen Überzeugung, diesem Rechtsstaat angehören und seine rechtsstaatliche Kultur leben zu wollen, steht die Einbürgerung, nicht vorher.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn Sie uns sagen, dass mehr als 5,9 Millionen Menschen schon seit über zehn Jahren hier sind, dann erkennen Sie, dass sie die Möglichkeit, eingebürgert zu werden, schon seit Langem haben, wenn es für sie ein wichtiger Akt ist. Zu behaupten, wir hätten eine Debatte von vor 20 oder 30 Jahren geführt, ist einfach Unfug.
Wenn Sie das behaupten, haben Sie sich offenkundig nicht die Zeit genommen, sich mit unseren Gesetzgebungstätigkeiten zu beschäftigen. Wir haben in den letzten 16 Jahren nachjustiert – im Übrigen gemeinsam mit Ihnen – und haben das Staatsbürgerschaftsrecht so modernisiert, dass es jetzt Bestand haben kann. Mehrstaatlichkeit mit der Loyalität immer zu dem Staat, dem man sich gerade zugeneigt fühlt, kann nicht Bestand haben. Es bedarf einer Entscheidung.
Vielen Dank!